Glücklicherweise habe ich am Montag kein Vorstellungsgespräch und auch keinen Arbeitsamttermin.
Frühmorgens brach der Gebirgstourbus auf und übers Land bis hin nach Chemnitz wurden Leute für den Rückrundenopener Dynamo
Dresden vs. St.Pauli eingesammelt. Letztendlich waren es 40 Sympathisanten der Braunen, ein Dynamist und ein Busfahrer. Fleißig
schossen sich manche bis mittags um 12 Uhr schon ab. Munition waren Biere und Johannisbeermixturen. Feigling- und biertrinkende
Mädchen fallen aber überhaupt nicht um und zogen den Frühschoppen bis Ende Rückfahrt. Alkoholabhängig?
Großer Stopp an der Raststätte „Dresdner Tor“, wo sich acht Busse eingefunden hatten. Weiße Bauhelme und Sandstrahlbrillen wurden
verteilt und um das Motto rankten sich Vermutungen.
Aufbau Ost? Schutz vor Steinschlag?
Favorisiert wurde „Winterschlussverkauf- Alles muss raus!“. Und aufgrund der Arbeitsmarktsituation ist das angebotene Material
wirklich zum Schrottwert im Einkauf zu haben. Nachfolgend eine spektakuläre Fotosession. Dann ging es mit Polizeieskorte und
ohne Rücksicht auf stationäre Ampeln, mobile Straßenbahnen und paralysierte Fußgänger quer durch Dresden.
Ohne Gebärdensprachkenntnisse konnte man immer wieder durch die Scheibe Lippenbewegungen verfolgen und erkennen:
„W-o-z-u h-a-b-e-n d-i-e H-e-l-m-e a-u-f?“
Um die 400 Leutz landeten auf dem vorgesehenen Parkplatz und formierten sich zum Anmarsch mit Gesang. Außer bösen Blicken wurde
nichts geerntet und viel Polizei bewachte den Lennestraßeneingang.
Das Spiel dann wurde zur schlechtesten Nebensache der Welt. Dynamo versiebte Chancen, der Gast litt unter einem unheimlichen
Leistungsgefälle in seinen Reihen und kurz vor Schluss murmelten die Bösen den Ball ins Netz.
Wobei böse?
Die lustigen Göttinger Skinheads schmachteten aufgrund der bekannten Farben auf dem Rasen vor sich hin. (Schöööne Trikots gibt’s
zu sehen. Unsere 05er zu Gast!)
Mit der Öffnung der Badkurve (aufgrund der beachtlichen Zuschauerzahl von 16800 berechtigt) sammelte sich der übelste Pöbel
am/auf (dem) Zaun zum Gästeblock. Kindergarten in Old Schooljacken turnten (leider) und asselten auf dem Gitter rum und auch
auf der Gegenseite hatten sich Typen eingefunden, die mit unangebrachten und klischeebelasteten Sprechchören wie: „Ob Ost oder
West- Nieder mit der Nazipest!“ Gelächter ernteten, bis man begriff, dass man den bösen Buben
(die eigentlich keine Minute zum Fußballgucken gekommen waren, sondern sich ausschließlich damit befassten, dem Mob zu zeigen
wie man Handschuhe an und aus zieht und wie man mit Mundschutz Faxen machen kann)
anders beikommen muss. Totenstille und offene Kindermünder gab es nur, als die „Scheiß St. Pauli“- Rufe mit eben dem selben
Ruf beantwortet wurden, oder als 50 Braune am Zaun plötzlich den Dynamo- Schlachtruf skandierten. Kurz vor der Halbzeit hatte
sich ein großer Kopf ohne Haare rot gefärbt und die Ordner halfen beim Abtransport.
Vereinzelte Nettszenen folgten, als im Gästebereich die Bierversorgung zusammenbrach und aus dem Nachbarsektor wohlgesonnene
Dynamos Bier über den Zaun verkauften.
Nach der Pause ging das Poserdrama am Zaun weiter und angebissene Bockwürste, Brötchen und leere Becher (mit Auftrieb)
wechselten die Blöcke. Zumindest mit den Würstchen wäre so mancher Assipunk im Awaysektor aufpeppelbar gewesen. Schrecklich
was so ein Spiel für Leute anzieht....
Kurz vor dem Ende der Partie spuckte ein Münzfernsprecher plötzlich ein Zwanzigcentstück aus dem Problemkinderbereich in meine
Richtung und daraufhin war es kurz finster. Seit dem unterstelle ich Herrn Wolf kein Simulantentum in Aachen mehr. Eine Dame
hinter mir half mit einem benutzten Taschentuch aus
(glücklicherweise war die Apothekerin aus dem Chemnitz- Spiel nicht da, sonst wäre ich in Ganzkörpergips abtransportiert worden).
Zwei Zentimeter neben dem Auge und auf der Nase gab ich Blut ab und eine Klitschkoschwellung folgte. Wenigstens war man wach
für den Rückmarsch, wo der übliche Fehler begangen wurde: die achthundert Meter über die Wiesen bestritten die Busfahrer in
kleinen Gruppen und konnten so trotz verstreuter Bullen attackiert werden, wobei wieder Pioniere ihre rege Teilnahme am
Schulsport nachwiesen.
Hinrennen, auf’s Maul hauen und flotte Turnschuhe machen.
30 Minuten nach dem Spiel hatte die Polizei die Gästefans auf dem Parkplatz, wo sie fahrplanmäßig mit Eskorte und auf
schnellstem Weg aus der Stadt gebracht werden SOLLTEN.
Womit man nicht rechnete (obwohl das m.E. eigentlich gar nicht geht), waren 500 Fratzen, die versuchten den Parkplatz zu
attackieren. Die Polizei erkannte rasch die Gefahr und drängte unter Mithilfe von Zivis und Pferdeeinsatz den Mob vorerst
zurück. Aus den 400 Gästefans hatte sich aufgrund der geänderten Umstände auch ein beachtlicher Trupp gesammelt
(u.a. befreundete Ultras), der bereit war die Busse zu verteidigen. Mittlerweile war der Helm wieder der beste Freund und
Straßenkämpfermentalitäten brachen durch, als faustgroße Steine gesammelt wurden. Es war nur der Polizei zu verdanken, dass es
nicht eskalierte und mit Sicherheit die Heimseite ordentlich hätte Opfer bringen müssen.
Für manche (beinahe) Vorruheständler und erfahrene Fußballhasen endete die Abfahrt mit der Erkenntnis, dass sie so was das erste
Mal erlebten und die Gerüchte fälschlicherweise für Gerüchte hielten.
Mit Polizeieskorte ging es durch die Stadt- Ghettokino auf Tiefstniveau. Da drohten behandschuhte Bomberjackenpfiffies, dort
wurde gerade einer von Bullen festgenommen....
Ein (?) Hamburger Bus vermeldete Glasschaden, der Rest kam wohl ohne größere Kratzer aus der Metropole.
Fazit unserer Crew mit Schwerpunkt „Motor Lengefeld“:
Zwei Schals eingebüßt, ein Faustschlag ins Gesicht, einen Cut wegen des Münzwurfes, eine Alkleiche. Ausgeteilt wurde mit dem
effektiven Zeigen eines behaarten Männerpo's in Richtung pubertierender Heimkinder, die mit wenig Mühe von den eigenen
Ultras/Hools (aus DD) unter Kontrolle gebracht werden könnten, aber solange erstere mit diesem Verhaltensmaximen protzen und
Vorbilder darstellen und Zweitere anscheinend nicht cool genug sind, wird es nie was mit diesem sächsischen Verein. Da können
Altkämpen mit Beerdigungszeremonien und Medienbohei versuchen was sie wollen, ein Spiel ist eben nicht mit dem Schlusspfiff
beendet und das Image der Anhänger dieses Vereins ist wenige Pfifferlinge wert- dies weiß mittlerweile halb Deutschland und
wurde heute mit einer Fortsetzungsfolge untermauert.